Vaterfigur Bundeswirtschaftsminister: Siggi, der Superpapa

Sigmar Gabriel gilt als toller Typ, weil er sich freinimmt, um sein krankes Kind zu betreuen. Manuela Schwesig wird dagegen für ihre Mutterrolle verurteilt.

Der Kopf von Siegmar Gabriels Kopf ist von einem transparenten roten Kreis überdeckt

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel bleibt zu Hause, wenn sein Kind krank ist. Stark. Foto: dpa

Sigmar Gabriels Tochter hat Scharlach. Das ist Mist. Bis zum heutigen Mittwoch will der Bundeswirtschaftsminister und SPD-Chef deswegen noch zu Hause bleiben. Fast eine halbe Arbeitswoche hat er sich dann freigenommen, um sein Kind zu pflegen. Für Spiegel Online steht fest: „Sigmar Gabriel nimmt seine Rolle als Vater ernst.“ Und das dürfte „seinem Image zumindest nicht schaden“.

In einem ähnlichen Fall fällt das Urteil aus Hamburg gänzlich anders aus: Im aktuellen Heft widmet sich Der Spiegel nämlich einer weiteren Spitzenkraft mit Kind: Familienministerin Manuela Schwesig. Sie hat einen kleinen Sohn im Grundschulalter. Im März erwartet die SPD-Politikerin den zweiten Nachwuchs. Eine Seite räumt das Magazin diesem vermeintlichen Problem ein. Überschrift: „Nicht erreichbar.“ Der Ton ist damit angestimmt.

Im Text finden sich dann Sätze wie: „Schwesig ist zu häufig nicht zu erreichen, will aber bei allem mitentscheiden. So klappt es leider doch nicht so recht mit der Vereinbarkeit.“ Es geht um schlechte Stimmung in ihrem Ministerium, um Akten, die sich stapelten, Fragen, die unbeantwortet blieben, Studien, die nicht an die Ministerien in den Ländern weitergereicht würden, Fehler, die sich in Richtlinien schlichen, und die Union, die all das ausnutzen würde.

Kein „Manuela Schwesig nimmt ihre Rolle als Mutter ernst“, kein Hinweis darauf, dass das ihrem „Image zumindest nicht schaden“ dürfte. Im Gegenteil: Sie wird als abschreckendes Beispiel dafür herangezogen, wie die Vereinbarkeit von Familie und Job nicht funktioniert. Wer und was alles darunter leidet, dass sie es nicht auf die Kette bekommt, Prioritäten zu setzen.

Wenn der Vater mal ein paar Tage zu Hause bleibt, verzichtet er. Er opfert sich, denn er kann sich nicht seiner eigentlichen Bestimmung widmen: seinem Beruf. Er ist der, der Leid auf sich nimmt. Er ist ein Held. Er bekommt Applaus.

Mal-wieder-nicht-da-Manu

Hier Siggi-Superpapa, dort Mal-wieder-nicht-da-Manu.

Es sind auch solche Attribuierungen, die zur Manifestation einer Norm führen, die unsere Gesellschaft doch eigentlich so gerne überwinden will. Zumindest geben viele vor, dass sie sich das wünschten. Doch dann müssten wir aufhören, Väter für Selbstverständlichkeiten zu heroisieren. Nein, Facebook-Chef Mark Zuckerburg hat keine Millionen Likes verdient, nur weil er seiner Tochter die Windeln wechselt. Und nein, er ist auch kein positives Vorbild, das den gesellschaftlichen Wandel vorantreibt, nur weil er ein Bild davon postet. Auch er manifestiert mit dieser Herausstellung des Besonderen nur die Abweichung von der Norm: dass das Arschabwischen eigentlich eine Aufgabe für die Mama sei. Genauso wie das Zuhausebleiben oder das tägliche Ausbalancieren von Familie und Beruf.

Denn was macht Schwesig anders als Gabriel? Sie widmet sich tatsächlich Woche für Woche Kind und Karriere. Oder versucht es zumindest. Sie springt nicht nur mal ein, wenn Not am Mann ist. Oder blockt im Terminkalender den Mittwochnachmittag von 16.00 bis 17.30 Uhr fürs Kind.

Natürlich nur, wenn nichts dazwischenkommt.

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